Peter Neuber

Peter Neuber wurde 1939 in Stettin geboren, kam als Flüchtlingskind zunächst auf dem Land in Ostholstein unter, machte Abitur in Leverkusen, studierte auf Lehramt in Flensburg und unterrichtete an der Realschule in Wesselburen. Sein langjähriger Wohnort war Wöhrden, dort war er auch kommunalpolitisch aktiv. Seit 2007 wohnt er in Meldorf.
Was bedeutet Heimat für dich?
Heimat ist für mich Lebensmittelpunkt, hier lebe/lebte ich in meiner Familie bzw. jetzt im gewählten Umfeld. Heimat ist, wo ich Freund*innen, Kolleg*innen, Schüler*innen, Mitstreiter*innen, Nachbar*innen, Begegnungen im alltäglichen Wirtschaftsleben hatte/habe (wo es natürlich auch Widersacher*innen gab). Hier nahm und nehme ich teil, hier beteilige ich mich, hier erlebe ich Gesellschaft. – Ich persönlich habe verschiedene Wohnorte durchlebt: Die Vorschulzeit in Kriegspommern, die Grundschulzeit in Ostholstein op’n Dörpen, die Gymnasialzeit im industriellen Rheinland. Über das Lehrerstudium in Flensburg kamen meine Frau und ich nach Dithmarschen. Wir kamen an und machten mit. – Dieses Motto gilt für mich seit 2007 auch in Meldorf, in meiner neuen Heimat.
Woran denkst du, wenn du „Meldorf“ hörst?
Meine Sicht kann natürlich nur diejenige eines Neubürgers sein. Aber ähnlich vielen anderen Meldorfern hatte ich schon als Auswärtiger vorrangig zwei Bilder im Kopf: den Dom aus der Ferne und aus unmittelbarer Nähe. Seit ich in Meldorf wohne, kommt das Wohnhaus hinzu, das Drumherum, der Blick auf den Dom von der Straße aus, vom Garten aus. Bereits in früheren Jahren verband ich mit Meldorf die Einkaufsmöglichkeiten (damals in der Innenstadt) und die kulturellen Angebote, vor allem die Altstadt (Markt und Gassen) und die Museen. Als Bewohner blicke ich nun stärker auf Wohnen, Arbeiten, Nachbarschaft, Geschäftsleben in der Stadt und auf die Art und Weise, wie sich die Kommunalpolitik der Probleme annimmt. Und Probleme hat Meldorf zuhauf; es dreht sich natürlich viel um Arbeitsplätze, Wohnraum, Warenangebot und kulturelles Angebot, aber vor allem um den Verlust der Konkurrenzfähigkeit seitens der lokalen/regionalen Betriebe, um den zunehmenden Leerstand und Renovierungsbedarf. Ich fürchte, Meldorf hätte die Chance mit der Genossenschaft unter kommunaler Beteiligung beim Schopfe packen müssen.
Wie gestaltest du das Leben in Meldorf für dich oder auch für andere?
Mein privates Leben in Meldorf ist sehr von traditioneller Rollenverteilung geprägt und ich genieße das Häuschen mit Garten in der Innenstadt. Altersbedingte Einschränkungen reduzieren das öffentliche Mitmischen. Mein Herzensanliegen ist der größtmögliche Erhalt unseres Dithmarscher Platt. Dies wird für alle Aktivisten immer mehr zum aussichtslosen Unterfangen. Seit 20 Jahren versuche ich, mich mit den mir verbliebenen Möglichkeiten einzubringen: Noch in Wöhrden schrieb ich die „Wöhrner Wöör“, ein umfangreiches Wörterbuch für Dithmarscher Platt (kostenlos über das online herunterladbar). In Meldorf brachte ich mittlerweile sieben „Meldörp-Böker“ heraus, alles Plattklassiker, für heutige Dithmarscher in unserer Mundart aktualisiert; für Könner und Kenner unseres Platt einerseits und für Menschen, die sich dem Platt nähern möchten, andererseits. Ich empfinde mit Euch, ihr „echten“ Meldorfer, ein großes Stück Heimatverlust, wenn uns die alte Mundart immer schneller verloren geht. – Die Ergänzung der plattdeutschen Straßennamen regte ich an, Wilhelm Dohrmann „boxte“ sie durch.
Weshalb hast du Meldorf zu deinem Lebensmittelpunkt gemacht?
Nach dem Tod meiner Frau fand ich meine neue Lebensgefährtin in Meldorf.
Was wünschst du dir für Meldorf?
Ich wünsche mir natürlich, dass man in Meldorf gerne wohnt, dass man Meldorf gerne besucht, dass Meldorf attraktiv bleibt und Attraktivitätsdefizite erfolgreich bekämpfen kann. Mein persönlicher Fokus ist auf den hörbaren und sichtbaren Erhalt der heimischen Mundart gerichtet. Dabei geht es mir durchaus um Attraktivität von Meldorf und Dithmarschen! Dazu muss viel mehr getan werden, in Zusammenarbeit von Bürger*innen und öffentlicher Hand (Politik und Verwaltung) im Kreis, im Amtsbezirk und in der Stadt. – Dazu schrieb ich kürzlich einen ausführlichen Brief an den Kreistag.
Leute, lasst uns anpacken! Treckt wi uns Platt ut’e Schiet!